Der Gedanke

 "Auch Geschichten haben einen tiefen Sinn, sie regen die eigene Fantasie an und laden zum 

 kreativen Denken ein."     

                                                     Der Gedanke

 

Der Gedanke schwebte über die Erde und suchte einen Platz, um sich auszuruhen. Schließlich ließ er sich auf einer Blüte nieder. Doch sie schwankte nur im Wind und überschüttete ihn mit Blütenstaub, deshalb verließ er sie schnell wieder. 

Er fand eine Ameise, die plötzlich inne hielt, in endloses Grübeln fiel und obwohl sie vorher unermüdlich Nahrung gesammelt und geschleppt hatte, rührte sie sich nicht....

 

                                          Ein Ohrwurm mit Sinn, der Spaß macht 

 

........mehr und verhungerte.

 

Der Gedanke flog nachdenklich weiter und fand ein Wesen, das auf dem Boden saß und lustlos Dinge anstieß, aufhob und wieder fallen ließ,

 

„Nimm mich auf!“, sagte der Gedanke. „Als Belohnung werde ich dir die Lust schenken, die Freude und den Genuss.“

 

So zog der Gedanke in das Wesen ein und nannte es Mensch. Der Mensch sah sich um, und alles was er fand und tat, bereitete ihm plötzlich Lust.

 

Er erfreute sich an den Blumen, genoss den Augenblick der Wolken, liebte es umherzugehen und inne zuhalten, und wenn er hungrig war, aß er mit Freude und trank das Wasser mit Genuss.

 

Doch ebenso genoss er es auch die Blumen zu zertrampeln, das Wasser zu verschmutzen und die Tiere zu fangen und zu quälen.

 

Da gebot ihm der Gedanke Einhalt: “Ich werde dir den Zweifel geben, damit du bereit bist, über alles was du tust und lässt, dir gegenüber Rechenschaft abzulegen.“

 

Doch bald saß der Mensch wieder auf dem Boden, ängstlich und zerrissen zwischen dem, was er tun wollte, und der Furcht davor, etwas zu zerstören, das er vorher nicht ausführlich bedacht und geprüft hatte.

 

„Das ist nicht gut“, sagte der Gedanke.

 

„Als ich dich traf, warst du lustlos und ohne Ziel. Doch jetzt weißt du was Lust ist, und du versagst aus Angst, dein Ziel zu verfehlen.

 

So will ich dir die Hoffnung geben, die dich aus der erstarrten Umklammerung von Lust und Zweifel zu befreien soll!“

 

Und so richtete der Mensch sich wieder auf, sammelte und baute, plante und schuf sich eine Welt, von der er hoffte, dass sie ihm zur Lust gereichen werde.

 

Er sammelte Blumensamen, säte und hoffte, sich an ihrem Duft und ihrer Schönheit zu laben, er ersann Speisen und Spiele.

 

Doch er konnte die Zeit nicht vergessen, wo er nur Lust empfand, wo alles was er tat, ihm Freude bereitete, wo er die Welt genoss, ungetrübt und nicht voller Zweifel.

 

Die Hoffnung schwand, dass es, so sehr er sich auch bemühte, je wieder so sein könnte.

 

Der Zweifel drohte, die Hoffnung wieder zu ersticken, und der Mensch erschien immer mehr in Trübsal zu versinken.

 

Jedes Misslingen schien ihm ein Zeichen, jeder Schmerz brannte sich ihm in die Seele und jedes Scheitern ließ ihn verzweifeln.

 

Die Hoffnung erkrankte und verwandelte sich in Sehnsucht. Das schaute ihn der Gedanke ein letztes Mal an und sagte: “Ich werde dir eine letzte Gabe schenken. Du sollst vergessen können, damit die Hoffnung nicht stirbt und die Freude ungetrübt sein kann.

 

Und so vergaß der Mensch den Gedanken.        (Autor mir unbekannt) 

 

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